Bin ich hier richtig?
Hintergrund
In unserer Serie #TransparenzimCoaching beziehen wir Stellung: Die mehr als 600 im DBVC organisierten Expert*innen aus den Bereichen Coaching-Praxis, Weiterbildung, Wissenschaft und Unternehmen setzen sich für eine differenzierte öffentliche Debatte des Themas Coaching ein. Durch volle Transparenz in unserer Arbeitsweise möchten wir das Vertrauen in die Profession Coaching stärken und Menschen klare Kriterien an die Hand geben, anhand derer sie seriöse Coaching-Anbieter erkennen.
Mit dem DBVC Kompendium „Coaching als Profession“ haben wir hohe Standards geschaffen, die die Grundlage bilden für das Berufsbild, nach dem wir heute arbeiten und an dem sich namhafte Ausbildungsinstitute und viele staatlich akkreditierte Studiengänge orientieren.
Bin ich hier richtig?
Mit dieser Frage kam eine Führungskraft zu mir. Als wir uns nach einer guten halben Stunde verabschiedeten, ohne ein Coaching vereinbart zu haben, ging sie mit den Worten: „Das war mir nicht bewusst. Wie gut, dass wir miteinander gesprochen haben!“
Bin ich hier richtig? Das fragen sich Menschen, die mit Ihrem Anliegen zu mir kommen. Denn das ist es, was Interessenten wirklich wissen wollen. Bin ich mit meinem Wunsch nach Veränderung hier gut aufgehoben? Verständlich, denn einen passenden Coach zu finden, ist durchaus anspruchsvoll.
Anders als bei einem Produkt, was wir kaufen, wissen wir im Coaching vorher nicht, was am Ende das Ergebnis sein wird. Und vor allem können wir vorab gar nicht einschätzen, bei wem wir mit unserem Anliegen am besten aufgehoben sind. Und das fühlt sich manchmal an, als würde man sich auf den Weg machen, um die Katze im Sack zu kaufen.
Deshalb liegt mir ein klärendes und ergebnisoffenes Vorgespräch sehr am Herzen. Zum einen, damit der bzw. die Interessentin eine gute Basis erhält, um sich für oder gegen eine Zusammenarbeit entscheiden zu können. Zum anderen hilft es mir einschätzen zu können, worin der Bedarf genau besteht und herauszufinden, ob:
- das gewünschte Ziel, welches hinter diesem Bedarf steckt, mit einem anderen Beratungsformat besser erreicht werden kann.
- es sich um ein Anliegen handelt, welches im Coaching angemessen begleitet werden kann.
- das Coaching in diesem individuellen Fall erfolgreich und durchführbar sein kann.
- der Mensch, der vor mir sitzt, über eine funktionsfähige Selbstmanagementfähigkeit besitzt.
- die gegenseitigen Erwartungshaltungen zueinander passen u.v.m.
Und erst nach einem guten Bild, das sich in diesem Gespräch für beide Seiten ergibt, kann es eine Antwort geben. Und die lautet manchmal eben: Nein. Weil ein Kunde sich nicht aufgehoben fühlt und „das nicht passt“ – oder weil ich als Coach zum Schluss komme, dass ein Coaching vielleicht nicht der angemessene Weg ist. „Mit Ihrem Anliegen sind Sie bei mir nicht richtig.“ Gleichermaßen erstaunt und dankbar für diese offene und ehrliche Rückmeldung verließ die Führungskraft aus meinem Eingangsbeispiel das Gespräch.
Damit endet das Gespräch in der Regel nicht. Wir klären, wo das Anliegen besser aufgehoben ist, worauf sich meine Einschätzung bezieht und worauf der/die Interessent*in achten kann, um den bzw. die richtige Ansprechpartner*in zu finden. So wird aus der Unsicherheit ein Maß an Sicherheit, dass sich von der Katze im Sack spürbar entfernt.
Dieser Prozess gehört zur Initiierungsphase eines qualitativ guten Coachingprozesses dazu. Selbst wenn das bedeutet, dass kein Auftrag zustande kommt.
Die Autorin
Carola Lübbenjans ist Diplom Psychologin und Professional Coach im DBVC. Sie hat 14 Jahre lang Verkehrspiloten darin ausgebildet, in kritischen Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Seit 2015 unterstützt Sie Führungskräfte und Geschäftsführende darin, Turbulenzen souverän zu meistern und mit gesunder Leistungsstärke ihr Team sicher ans Ziel zu führen. Was sie am DBVC schätzt, sind die vielen Möglichkeiten, die Qualität der eigenen Coaching-Prozesse stetig auszubauen.